Stadtrundgang
Der vorliegende Stadtrundgang besteht aus einer Sammlung historischer Fotos aus dem Stadtarchiv, die nach Möglichkeit in der Nähe ihrer örtlichen Bezugspunkte an Verteilerkästen angebracht wurden. An dieser Stelle sei der SYNA nochmals herzlichst für die Kooperation gedankt.
Tippen Sie bitte in der durchnummerierten Liste auf den Titel, der dem Plakat entspricht, vor dem Sie stehen. Die kurze Erklärung unter dem Bild liefert Informationen zur Bedeutung des Orts und der Stadtgeschichte.
- Avrilléstraße 3: Ein Dorf wird Stadt / Die Bahn kam 1970
- Hofheimer Straße 5: Nebenerwerbssiedlung
- Am Brater: Schwalbach macht Schule / Fließend Wasser
- Sauererlenstraße (Alter Schulhof): Ausflugslokal und alte Handelsstraße
- Am Erlenborn (Tennisplatz): Vom Freibad zum Tennisplatz
- Sossenheimer Weg 10: Flieger, ein General, Ferngespräche und Bäume
- Burgstraße 2: Burg, Kameralhof, Baustoffhandel
- Hauptstraße 3: Freiwillige Helden
- Taunusstraße 3: Kirchenumbau & Campanile
- Steinweg 7: Elmer Spyglass
1a. Avrilléstraße 3
Ein Dorf wird Stadt
Am 9. Mai 1970 wurden der Gemeinde Schwalbach die Stadtrechte verliehen. Das Luftbild aus dem Jahre 1969 zeigt die Limesstadt im damaligen Bauzustand. Ähnlich dem Main, der die Grenze zwischen Sachsenhausen und Frankfurt bildet, unterteilen Limesspange und S-Bahnstrecke die Limesstadt und Alt Schwalbach.
Auf dem Bild sieht man links der Mitte die 6 Hochhäuser der Julius-Brecht-Straße, links dahinter das Hallenschwimmbad, das 1968 eingeweiht wurde, 1980 den Namen Taunusbad erhielt, 2001 stillgelegt und 2012 abgerissen wurde. Deutlich zu sehen, die braunen frisch planierten Flächen ohne Bewuchs. Heute ist die Limesstadt von üppigem Grün durchzogen. Das neue Rat- und Bürgerhaus (eröffnet 1973) über der Limesspange und die S-Bahn (eröffnet im Dezember 1970) fehlen noch. Ebenso die Bebauung zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Berliner Straße. Wo heute die Avrilléstraße verläuft und dieser Verteilerkasten steht, ist im Bild der Standort verzeichnet. Zwischen Waldbach und Sodener Straße ist auch noch keine Bebauung auf dem Foto sichtbar.
Das kleine Bild zeigt den ehemaligen Verkehrsminister Georg Leber bei der Eröffnung der Bahnstrecke Niederhöchstadt - Schwalbach im Dezember 1970.
1b. Avrilléstraße 3
Die Bahn kam 1970
Der Anschluss einer Kommune an das Schienennetz der Eisenbahn ist bis heute ein wichtiger Standortfaktor. Am 22. Dezember 1970 um 14:28 Uhr fuhr der erste Zug der Limesbahn in Niederhöchstadt ab und traf nur 2 Minuten später im neuen Bahnhof mit Schwalbachs Ehrenbürger, dem damaligen Bundesverkehrsminister, Georg Leber ein. Die seinerzeit stärkste serienmäßige E-Lok der Welt absolvierte die Strecke und besiegelte damit offiziell den Anschluss Schwalbachs ans Bahn-Netz Frankfurt.
Das Foto zeigt die Gleisbaustelle von der Brücke am Westring aus in Richtung Bad Soden, einmal um 1970 und 2023. Der Fahrbetrieb auf der gesamten „Limesbahn“ bis Bad Soden wurde erst 1972 aufgenommen. Bahnschwellen wurden damals noch aus Eichenholz gefertigt, heute werden diese aus Beton gegossen. Im Mai 1978 vollzog die Bundesbahn mit dem Fahrplanwechsel die Aufnahme des S-Bahnbetriebs als S3 von Bad Soden nach Frankfurt-Hauptwache (heute bis Darmstadt). Um Oktober / November 2008 herum wurde die Strecke um die Haltestelle Schwalbach Nord ergänzt. Rechts im Bild sieht man sehr prominent die Masten der Strom-Überlandleitung auf den planierten Hängen der Bahntrasse. Heute stehen seitlich der Gleise hohe Bäume und Sträucher, so dass die Masten nicht mehr so auffallen. Links im Hintergrund sieht man das Gebäude in dem seinerzeit die Firma VDO beheimatet war.
2. Hofheimer Straße 5
Nebenerwerbssiedlung
Nach Ende des II. Weltkrieges waren in Deutschland ca. 25% aller Wohnungen zerstört. Zusätzlich zur Wohnungsnot der einheimischen Bevölkerung kamen Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten, dem Sudetenland und anderen alten Siedlungsgebieten in Ost- und Südeuropa, die als Heimatvertriebene in den westlichen Landesteilen eine neue Heimat suchten. Die Wohnungsnot war groß und nicht selten wohnte eine Familie in einem Zimmer zur Untermiete. Zwar ist Schwalbach bis heute für die Limesstadt bekannt, eines der Vorzeigeprojekte im Wohnungsbau der 60er Jahre, aber schon 1954 wurde die sogenannte Nebenerwerbssiedlung westlich der Sodener Straße errichtet. Hier wurde den oben genannten Heimatvertriebenen ein neues zu Hause angeboten. Mittels eines Kredits von etwa 20.000.- DM konnten Geflüchtete ein Häuschen mit Garten erwerben. Auf diesem Anwesen sollten Obst und Gemüse angebaut und Kleinvieh gehalten werden. Also ein Haus mit landwirtschaftlichem Nebenerwerb, daher der Name Nebenerwerbssiedlung, die jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Kopftuchsiedlung bekannt wurde, da viele der aus ländlichen Regionen stammenden geflüchteten Frauen, die sich hier ansiedelten, es gewohnt waren, ein Kopftuch zu tragen.
3a. Am Brater
Schwalbach macht Schule
Die erste Schule, die in den Annalen der Stadt erscheint, war über dem sogenannten Frankfurter Tor in der Nähe der ehemaligen Burg Schwalbachs untergebracht. Eine steile ausgetretene Treppe führte zu einem Raum über dem Tor. Dieser im Winter nasskalte Raum war das Klassenzimmer. Ein neuer Schulbau wurde dringend benötigt.
Die Alte Schule von 1792
Nachdem die ursprünglichen Pläne eines Mainzer Baumeisters für das "neue" Schulgebäude aus Stein (Bild Mitte links) von der Gemeinde Schwalbach als zu teuer befunden worden waren, zeichnete der bekannte Architekt Emanuel Joseph Herigoyen im Auftrag der Kurfürstlichen Landesregierung die Pläne für ein Schulhaus mit einem Erdgeschoss in Stein und einem Obergeschoss in Fachwerk.
Das Gebäude wurde teils mit den Steinen des alten Torhauses gebaut, das abgerissen wurde. Nach einer kurzen Bauzeit von drei Monaten war das Gebäude fertiggestellt. Die Großmutter einer Schwalbacherin berichtet, dass die Schule von 1792 in den 1880er Jahren noch als Unterrichtsstätte genutzt wurde. Das Gebäude in der Hauptstraße Nr. 8 (ca. 350 m von hier) wurde vor wenigen Jahren nach Vorgaben des Denkmalschutzes saniert und dient nun als Wohnhaus. Eine vom Verschönerungsverein gestiftete Plakette an der Hauswand erinnert an die ehemalige Funktion als Schulgebäude (Fotos untere Reihe).
Die Alte Schule am Brater von 1835
In den Jahren von 1800 bis 1830 wuchs die Schwalbacher Bevölkerung von 450 auf 590 Personen an. Ein größeres Schulhaus wurde benötigt. Der bekannte Architekt Eduard Zais, der auch das Wiesbadener Theater erbaute (sein Vater Christian war der Erbauer des Wiesbadener Kurhauses), plante und erbaute die Alte Schule am Brater im klassizistischen Stil (heute der linke Teil des Gebäudes). Der rechte Teil, dessen Giebelseite mit Turm und Portal zur Straße zeigt, wurde 1896/97 angebaut, nachdem die Bevölkerung Schwalbachs bis 1895 auf 1.088 Einwohner angewachsen war.
Wegen schwerer Schäden beim Luftangriff am 24./25. September 1944 erfolgte bald nach Kriegsende der Wiederaufbau. Nach dem Bau der Geschwister-Scholl-Schule 1956 diente das Gebäude als Gemeindeverwaltung (Rathaus), Polizeistation und dann ab 1975 als Jugendhaus. 1998/99 wurde aus der Alten Schule das „Haus der Vereine“, das u.a. DRK, Hausfrauenbund, Tanzsportclub und den Karnevalsclub „Pinguine“ beheimatete. Seit 2023 führt das Gebäude wieder den Namen „Alte Schule“.
Die Schule geht weiter
Der Bau der Schwalbacher Limesstadt fällt in die Zeit der sogenannten „Babyboomer“, der geburtenstarken Jahrgänge. Die Friedrich-Ebert-Schule besuchten Mitte der 1970er Jahre etwa 1.800 Schülerinnen und Schüler, die von über 100 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet wurden. Heute (2023) gibt es innerhalb der Schwalbacher Gemarkung vier öffentliche und zwei Privatschulen.
3b. Am Brater
Fließend Wasser
Wie im 19. Jahrhundert allgemein üblich erfolgte damals auch in Schwalbach die Trinkwasserversorgung mittels Brunnen und natürlicher Quellen. Aufgrund ihrer höheren Wasserleistung waren quellgespeiste Brunnen häufig öffentliche Brunnen; dazu wurden die Quellen mittels einer Rohrleitung gefasst und einer öffentlichen Brunnenanlage zugeführt. Grundwasserbrunnen dienten der unmittelbaren privaten Versorgung. In Schwalbach hatte fast jeder Hof einst einen solchen „Privatbrunnen“. Abwasser wurden üblicherweise entweder in Jauche- oder Sickergruben (sogenannte Abortanlagen) geführt. In Städten wurden Abwasser auch in Fließgewässer abgeleitet.
Das Foto unten links aus dem Jahre 1908 zeigt am rechten Bildrand die Alte Schule von 1835. Der Kreisverkehr existiert noch nicht. Vor der Schule kann man bei genauem Hinsehen noch eine alte Ziehpumpe entdecken, wie es sie heute noch hin und wieder (in ähnlicher Bauart) in Kleingartenanlagen oder auf Friedhöfen gibt. Das Rechnungsbuch der Gemeinde aus dem Jahr 1897/98 weist Kosten für die Instandhaltung der öffentlichen Brunnen aus.
1912 wurde eine hochmoderne Wasserversorgung in der Gemeinde Schwalbach in Betrieb genommen. Vier Baumaßnahmen mussten dafür durchgeführt werden. An der Pfingstbrunnenstraße (Höhe Albert-Einstein-Schule) befindet sich noch heute am Waldbach die Anlage des alten Pfingstbrunnens (Bauwerk 1). Das Wasser der Quelle wurde von hier zum Pumpwerk (Bauwerk 2, oberes Foto) am Brater geleitet. Vom Pumpwerk aus wurde das Wasser schließlich in den Hochbehälter (Bauwerk 3) im Wald nördlich der Limesstadt gepumpt. Durch den Eigendruck (der 140 m³ fassende Wasserbehälter lag oberhalb von Schwalbach) wurde das Wasser in den Häusern, die ans Wassernetz angeschlossen waren, aus dem Wasserhahn gedrückt. Das Rohrnetz (Baumaßnahme 4) musste natürlich in den Gemeindestraßen verlegt werden. Die damaligen Wasseranlagen waren in ihrer Zeit sehr modern, auch weil mit der Wasserleitung gleichzeitig eine Abwasserleitung gelegt wurde, was in den ersten Städten, in denen eine zentrale Wasserversorgung eingeführt wurde, versäumt worden war; dort wurde bis zur Installierung einer Abwasserleitung das Abwasser weiter in Jauchegruben, Abortanlagen oder - in Städten - in die Fließgewässer entsorgt. Die Bürger Schwalbachs konnten also auf ihre Wasserversorgung sehr stolz sein. In Sachen Hygiene und für die Gesundheit der Bevölkerung war das ein großer Schritt. Mit dem Wechsel von der Brunnenversorgung zur zentralen Wasserversorgung war allerdings ein weiterer Aspekt verbunden: Wasser kostete von nun an Geld!
Das Foto unten rechts zeigt Arbeiter beim Bau von Kanalanlagen im Jahre 1925 in Schwalbach (evtl. in der Schulstraße). Auf dem oberen Foto aus dem Jahr 1944 sieht man das im Krieg zerstörte Pumpwerk. Den Standort des Gebäudes kann man heute noch gut im Verhältnis zum alten Trafohaus (Turm links im Bild - heute stillgelegt und Flatterturm des NABU) erkennen. Die Zerstörung des Pumpwerks und damit der zentralen Wasserversorgung im Krieg stellte die Gemeinde vor eine enorme Herausforderung. Aber das ist eine andere Geschichte.
4. Sauererlenstraße (Alter Schulhof)
Ausflugslokal und alte Handelsstraße
Ähnlich den heutigen Autobahnen, die Europa durchziehen, gab es auch früher schon Transport- und Handelswege, die einen relativ schnellen Warenverkehr auf gut ausgebauten Straßen ermöglichten. Eine davon war die Cölnische hohe Heer- und Geleitstraße. Diese zog sich von Regensburg über Würzburg und Frankfurt weiter nach Köln und Antwerpen. „Hohe“ Straßen verliefen entlang von Wasserscheiden, abseits von Siedlungen und Tälern und waren wegen ihrer Führung über höhere Lagen unabhängig von Niederschlägen und Jahreszeiten ganzjährig nutzbar. Die Cölnische hohe Heer- und Geleitstraße führte durch Schwalbach, und wer auf ihr das Dorf passierte, musste schon 1606 für jedes durchziehende Wagenpferd einen Pfennig Wegegeld an die Gemeinde Schwalbach entrichten. Im Gegenzug musste die Gemeinde das Pflaster der Geleitstraße im Ortsbereich von Schwalbach instandhalten. Wer den Hans-Bernhard-Reichow-Weg in der Limesstadt bis ganz nach oben geht und weiter über die Fußgängerbrücke in den Wald, wird sich über den schnurgeraden Verlauf des Waldweges wundern. Das ist die ehemalige Handelsstraße. Ein Schild am Wegesrand erinnert daran.
Für ein Dorf mit 200 Einwohnern (nach dem 30jährigen Krieg) hatte Schwalbach ungewöhnlich viele Gasthäuser, nämlich drei: „Zum weißen Ross“ (ehemals schräg gegenüber der „Mutter Krauss“) in der Nähe des abgerissenen Frankfurter Torhauses (siehe Nr. 8: Schule von 1792), „Zum Hirschen“ (heute „Mutter Krauss“) und „Zum Schwanen“ (gegenüber dem Alten Rathaus). Die Gasthöfe konnten wohl wegen des Durchgangsverkehrs auf der oben erwähnten Handelsstraße wirtschaftlich überleben. Reisende konnten hier einkehren oder die Pferde wechseln.
Die Geschichte des Gasthauses „Zum Hirschen“ (Zeichnung unten) geht zurück bis in das Jahr 1686. Das Jurisdictionalbuch der Stadt Königstein erwähnt das „Gasthaus Zum Hirschen“ in diesem Jahr, allerdings mit dem Hinweis, dass das Gasthaus damals schon zehn oder zwölf Jahre existierte. Der älteste Baukörper der Gesamtanlage ist das barocke Hauptgebäude mit dem großen Torhaus. Der Saalbau und die heutige Gaststätte auf der Südwestseite des Anwesens sind anstelle älterer Vorgängerbauten, Keltergebäude und (wahrscheinlich) Stallungen und Scheunen erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden.
Die Namensänderung in „Mutter Krauss“ wurde im Jahre 1927 vollzogen. Die Namensgeberin Elisabeth Krauss (1851 - 1937, Kreidezeichnung oben rechts) stammte aus der damaligen Besitzerfamilie. Das Haus bekam von ihrer Enkelin und deren Ehemann den Beinamen „Zur Mutter Krauss“, weil die Großmutter Elisabeth eine überall sehr beliebte und charmante ältere Dame war, deren sympathisches und mütterlich-fürsorgliches Wesen den Gästen ein Gefühl von „Zuhause“ vermittelte.
Bekannt war das Gasthaus über die Gemeindegrenzen hinaus und wurde ein beliebtes Ausflugslokal für die Frankfurter Bevölkerung. Besonders der hausgemachte Apfelwein wurde sehr geschätzt sowie der hausgemachte Obstsekt. Hinter dem Gebäude befand sich ein großer Garten mit überdachtem Tanzboden, wo an Sonn- und Feiertagen musiziert und gefeiert wurde.
Berühmte Gäste
Zwar ist das Gästebuch des Wirtshauses verloren, überliefert ist allerdings, dass Otto Fürst von Bismarck hier mit dem Apotheker Neubronner aus Kronberg nach der Jagd eingekehrt sei und besonders den Schwalbacher „Äppelwoi“ geschätzt habe. In den 1950er Jahren war hier der berühmte Hollywood-Schauspieler Errol Flynn (1909 - 1959) zu Gast, der während eines Deutschlandaufenthalts mit seiner Familie in Bad Soden wohnte und in der „Mutter Krauss“ speiste. Er bewunderte die Bembel so sehr, dass die Wirtin Susi Diem ihm einen solchen durch ihre Nichte Susi Keller überreichen ließ, wofür sich der Schauspieler mit einem Kuss bedankte.
Die Schwarz-Weiß-Postkarte (Bildmitte) zeigt das Dorf Schwalbach vermutlich um 1900, da der Erweiterungsbau der Alten Schule von 1896/97 schon steht, die Erweiterungsbauten am Gasthof „Zum Hirschen“ (Anfang des 20. Jh.) aber noch fehlen. Zu einer Besonderheit wird die Postkarte durch den Umstand, dass es eine perspektivische Zeichnung ist, die eine Luftaufnahme suggeriert. Das ursprüngliche Gebäude des Gasthofs „Zum Hirschen“ ist hier am rechten Rand zu sehen. In das Bild integriert ist eine Abbildung der alten Linde (am Kriegerdenkmal). Der Baum war zur damaligen Zeit schon enorm groß, das Kriegerdenkmal steht allerdings noch nicht.
In der Ecke oben links sieht man zwei Ansichtskarten (um 1900). Die Postkarte links zeigt das Gebäude der „Mutter Krauss“ und das Gartenlokal. Auf der Postkarte Mitte oben sieht man neben dem Lokal „Zum Hirschen“ am rechten Rand noch eine Abbildung des Niederhöchstädter Bahnhofs, der seinerzeit der einzige Bahnhof für Schwalbach und über den Niederhöchstädter Pfad erreichbar war.
5. Am Erlenborn (Tennisplatz)
Kleingärtnerverein
Südlich des Zusammenflusses von Waldbach und Sauerbornsbach liegt der Kleingärtnerverein 1961 Rohrwiese e.V. Über einen gesplitteten Fußweg kann man die Kleingartenanlage durchqueren und dabei den Duft von Lavendel und Rosen am Wegesrand genießen. Am südlichen Ausgang sieht man schon die gegenüber der Straße „Am Erlenborn“ befindliche Tennishalle.
Tennisclub TC Schwalbach e.V.
Die Tennishalle sowie die rechts daneben liegenden Ascheplätze gehören zum Tennisclub TC Schwalbach e.V. Der Tennisclub ging aus dem FC Schwalbach hervor und wurde 1986 endgültig selbständiger Tennisverein. Wesentlichen Anteil an der Finanzierung der Tennisanlage hatte der ehemalige Bundesverkehrsminister Georg Leber (Ehrenbürger von Schwalbach). Er nahm auch an der Einweihung der Tennisplätze teil. 1983 spielten auf der Schwalbacher Tennisanlage während des Goofy Cups für Jugendliche die späteren Wimbledonsieger Boris Becker und Steffi Graf. Aktuell hat der TC Schwalbach ca. 730 Mitglieder, davon 350 Kinder und Jugendliche. Der Verein gehört somit zu den zehn größten Tennisvereinen Hessens. Das Gelände umfasst eine 3-Feld-Tennishalle, Gastronomie, 11 Außenplätze und eine Tennisschule.
Freibad
Wer es nicht weiß, würde wohl kaum vermuten, dass sich an der Stelle der Tennisplätze einst ein Freibad befand. 1937 wurde es gebaut und eröffnet. Es sollte in dieser dunklen Epoche der deutschen Geschichte der „Körperertüchtigung“ der Bevölkerung dienen, um sie auf den Krieg vorzubereiten. Entgegen der baulichen Richtlinien wurde das Freibad viel größer, als eigentlich zulässig (ein Schwimmbecken von 20 x 50 Metern und ein Planschbecken von 16 x 8 Metern). Die Baukosten beliefen sich auf 20.500 Reichsmark. Im 2. Weltkrieg wurde das Freibad von Bomben zerstört und nicht wieder aufgebaut.
Kleintierzuchtverein
Auf der anderen Bachseite befindet sich der Kleintierzuchtverein H 101 Schwalbach e.V. Über einen kleinen Pfad, der am Erlenborn abzweigt, kommt man vorbei an allerlei Geflügel und anderen Kleintieren. Wer morgens an den Tennisplätzen unterwegs ist, kann Glück haben und einen der Hähne krähen hören, ein selten gewordenes Geräusch im Rhein-Main Gebiet. Der Haupteingang des Vereins befindet sich am südlichen Ende der Straße „Am Flachsacker“.
Arboretum
Folgt man dem Weg, der an den Tennisplätzen entlang weiter Richtung Süden geht, kommt man zum Arboretum (mehr dazu unter Sossenheimer Weg 10).
6. Sossenheimer Weg 10
Eisenhower landete in Eschborn
Die abwechslungsreiche Geschichte dieses Fleckchen Erde reicht zurück in die Zeit des II. Weltkrieges, als hier ein Flugplatz für die sogenannten Lastensegler angelegt wurde. Das Flugfeld samt Gebäuden wurde von alliierten Kräften bombardiert, nach dem Krieg besetzt und wiederaufgebaut. Das amerikanische Militär nutzte den Flugplatz, dessen offizielle Bezeichnung Y-74 Frankfurt/Eschborn war, da der Frankfurter Rhein-Main-Flughafen noch zerstört und für den Flugverkehr unbrauchbar war. General Dwight D. Eisenhower residierte in Kronberg und landete öfter in Eschborn. Das obere Bild zeigt den noch heute stehenden und unter Denkmalschutz gestellten Flugzeughangar aus dieser Zeit.
Hallo – spricht dort Amerika?
Als der Eschborner Flughafen an Bedeutung verlor entstand hier die erste Übersee-Funkanlage der Deutschen Post, die von 1948-1972 in Betrieb war. Von hier aus konnte man über den großen Teich hinweg für 50,40 Mark ein 3-Minuten-Telefonat nach Amerika führen.
Startbahn – West Ausgleichsfläche Arboretum
Der Name „Arboretum“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet hier so viel wie Baumpflanzung. Schön und gut, aber wie kommt man dazu auf einem Stück Land zwischen zwei Städten (Eschborn und Schwalbach) eine Baumpflanzung mit Bäumen aus verschiedenen Kontinenten anzupflanzen. Wer sich noch an die Zeit erinnert, als am Rhein-Main-Flughafen die „Startbahn-West“ gebaut wurde, dem stehen sicher noch die Bilder der Proteste gegen den Bau der Startbahn vor Augen. Als Ausgleichsfläche für die Bäume die beim Bau der Startbahn-West gerodet werden mussten, wurde das Arboretum gepflanzt. Ein Besuch des Arboretums mit seinen 36 Waldbildern der Nordhalbkugel lohnt sich auf jeden Fall.
7. Burgstraße 2
Burg, Kameralhof, Baustoffhandel
Schwalbach hatte eine Burg. "Burg" steht hier allerdings nicht für eine der imposanten schlossähnlichen Festungsanlagen, die man weithin mit dem Begriff assoziiert. Vielmehr handelte es sich dabei um den Bautyp der Turmburg. Der Schwalbacher Historiker Wolfgang Goos schätzt deren Maße wie folgt: Grundfläche gut 10,5 m im Quadrat, Wandstärke 2,75 m und Höhe 26 m. Wegen der enormen Wandstärke war der Innenraum trotz der Grundfläche von 100 m² nur ca. 21 m² groß, weshalb diesem Bautyp häufig Wohnhäuser beigestellt waren.
Üblich waren solche Turmburgen in ganz Europa. Wer zum Beispiel nach Großbritannien oder Irland reist, wird diesen Bautyp der Turmburg auch dort finden, die sogenannten Tower Houses. Auf dem heutigen deutschen Gebiet entstanden diese Turmburgen ab dem 11. Jahrhundert. Der Kern der Schwalbacher Burg ist wohl schon im 13. Jahrhundert entstanden. Die Burg lag zwischen Waldbach und Sauerbornsbach, die bei ihrem Zusammenfluss südlich der Burg aufgestaut waren. Das ganze Burgareal war auf einer Länge von 320 Metern mit einem Wassergraben umgeben, wodurch die Burg zusätzlichen Schutz erhielt.
Um 1573 wurde die Burg dann vom damaligen Eigentümer zu einem Wohngebäude im Renaissancestil umgebaut. Der Turm wurde in der Höhe gekürzt und seine Wandstärke von innen her auf ca. 1 m verringert, so dass die Räume im Turm erheblich größer wurden. Der Turm bekam ein Satteldach und es entstanden seitliche Anbauten. Nach dem Tod des Burgherrn geht der Besitz an Kurmainz über. Im Dreißigjährigen Krieg (Schlacht bei Hoechst 1622) brannten braunschweigische Truppen die Burg nieder, nur wenige Mauerreste blieben stehen. 1662 wurde die Burg dann wiederaufgebaut und war der Sitz der kurmainzischen Schultheißen (Beamte, die im Auftrag der Obrigkeit Abgaben eintrieben).
Aus der Zeit des frühen 18. Jahrhunderts wissen wir, dass die Burg als landwirtschaftliches Domänegut (staatseigener Gutshof) den Nassauischen Herzögen unterstand. Nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 fiel die Burg dem Königreich Preußen zu, gehörte zur Provinz Hessen-Nassau und wurde von Wiesbaden aus verwaltet. Das nun als „Kameralhof“ (der Behörde zugehörig, die die Einkünfte der Krone verwaltete) bezeichnete Anwesen wurde im Laufe der Zeit von verschiedenen Pächtern bewirtschaftet, in der Zeit von 1880 bis 1930 z.B. vom Ökonomierat Wilhelm Lindheimer.
Das Foto links oben aus den 1930er Jahren zeigt die Burg in ihrem zum Wohnhaus umgebauten Zustand. Der höchste Bau in der Mitte zeigt noch die quadratische Form der ehemaligen Turmburg. Das obere der zwei Fotos rechts zeigt die Arbeiter des Kameralhofs beim Heueinbringen. Auf dem Foto darunter sieht man eines der Nebengebäude, die die Burg umstehen. Links vor der Scheune steht das dampfgetriebene, sich schnell drehende Schwungrad, dessen Bewegung über sogenannte Transmissionsriemen die Dreschmaschine ganz rechts im Bild antreibt. Das Bild unter der Burg zeigt den von Pferden gezogenen Lieferwagen des Kameralhofs, der Milchprodukte nach Frankfurt lieferte.
Am 25. November 1944 wurden die Burggebäude bei einem Luftangriff beschädigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Burg dann, obwohl vom Landeskonservator als „sehr wertvoll“ beurteilt, zum Abriss freigegeben, da die Mittel zur Erhaltung nicht aufgebracht werden konnten. 1959/60 wurde die Burg abgerissen und von einem Baustoffhandel überbaut. Das Foto rechts unten zeigt ein Luftbild aus den 1960er Jahren, das diese Epoche illustriert.
8. Hauptstraße 3
Freiwillige Helden
Das Alte Rathaus in Schwalbach (rechtes Foto Mitte) steht an der Ecke Schulstraße/Taunusstraße (ca. 200 m rechts von diesem Standort). Auffällig am Alten Rathaus ist der hohe Turm aus Holz. Wer sich fragt, welchem Zweck er wohl diente, wird sich schnell in der Welt der Feuerwehren wiederfinden. Unterhalb des Turms wurden einst der Spritzenwagen untergestellt und in dem hohen Turm hingen die Wasserschläuche der Feuerwehr. Früher wurden Feuerwehrschläuche aus Hanf hergestellt und mussten nach dem Einsatz zum Trocknen aufgehängt werden, damit sich kein Schimmel bildete, der die Schläuche angreift.
Von Sprinkleranlagen, feuerfesten Schutzanzügen, Brandschutztüren und schwer entflammbaren Baustoffen konnte man früher nur träumen. Gebäudebrände entwickeln infernalische Temperaturen von bis zu 900° C. In einer Zeit, in der Funkenflug bei einem Hausbrand ganze Städte einäschern konnte, war das schnelle Löschen von Bränden existenziell für die Gemeinde.
1887 entstand die Schwalbacher Freiwillige Feuerwehr (auf dem Foto ganz unten bei einer Übung im Jahr 1898 am Gasthof Schwanen gegenüber dem Alten Rathaus). Noch heute sind unsere freiwilligen Helden Helfer in der Not, auf die wir in Schwalbach sehr stolz sind!
Die Fotos in der mittleren Reihe zeigen die Fahrzeuge und das Gelände der Schwalbacher Freiwilligen Feuerwehr in den 1980er Jahren. Der heutige Fuhrpark steht gleich um die Ecke. Der Standort ist noch derselbe wie auf diesen Fotos.
Das obere Foto wurde um 1900 aufgenommen und zeigt die Schwalbacher Freiwillige Feuerwehr bei einem Ausflug auf den nahegelegenen Fuchstanz. Das Wandern war gerade zum Breitensport geworden. Die Gaststätte auf dem Fuchstanz sowie umfangreiche Waldgebiete am Fuchstanz gehörten einst zu Schwalbach, wurden später jedoch verkauft. Aber das ist eine andere Geschichte …
9. Taunusstraße 3
St. Pankratius & Campanile
Die früheste Erwähnung einer Kirche in Schwalbach stammt aus dem frühen 13. Jh. Die Kirche St. Pankratius, an ihrem heutigen Standort im alten Ortskern von Schwalbach wurde zwischen 1754 und 1756 unter der Leitung des Baumeisters Georg Fritz aus Steinheim und mit viel Eigenleistung der Gemeinde im späten Barockstil (schon frühklassizistisch beeinflusst) erbaut und 1756 eingeweiht. Bei der baulichen Ausführung wurden die Innenraumabmessungen fälschlicher Weise für die Außenmaße gehalten, so dass die Kirche kleiner ausfiel als beabsichtigt. Die Kirchenbänke aus Holz waren auch schon gefertigt, so dass im Innenraum kein Platz mehr für die Treppe zur Kanzel auf der rechten Seite der Kirche blieb. Somit wurde der Weg vom Altar zur Kanzel nach Außen verlegt. Eine Treppe führt außen zur Kanzel empor. An dieser Stelle wurde ein Wanddurchbruch geschaffen und eine Tür eingebaut, durch die der Pfarrer zur Predigt auf die Kanzel gelangt.
Das Foto zeigt die Kirche während der Bauarbeiten 1963-65, als die Kirche erweitert wurde. Dabei wurde der Gesamteindruck der Kirche stark verändert. Auch die ursprüngliche barocke Ausmalung wurde dabei entfernt. Überaus wertvolle Reste der ursprünglichen spätbarocken Ausstattung sind die noch vorhandenen Seitenaltäre, die Beichtstühle und die Predigtkanzel (um 1730).
Beim Umbau der Kirche 1964/65 wurde auch ein Glockenturm errichtet, der nicht mit dem Gebäude verbunden ist und somit als Campanile zu bezeichnen ist (siehe kleines Bild links oben).
10. Steinweg 7
Elmer Spyglass
Im Jahre 1877, 12 Jahre nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg, wird der Afroamerikaner James Elmer Spyglass in Springfield, Ohio (USA), geboren. Es ist das Ende der „Reconstruction“ genannten Zeit, in der die USA und im Besonderen die Südstaaten nach den Zerstörungen des Krieges wieder aufgebaut und neu geordnet wurden. Spyglass' Stiefvater war von Beruf Grobschmied. Der junge Elmer besuchte die Schule, sang im Kirchenchor und machte seinen Abschluss am Toledo Conservatory of Music. Das Gesangsstudium hatte er sich als Kellner, Küchenhilfe und Packer verdient. Das LIFE Magazine vom 3. November 1947 sowie andere Quellen berichten, er sei der erste Afroamerikaner gewesen, der in der Carnegie Music Hall in Pittsburgh (nicht New York) auftrat und dort den von ihm gegründeten Amateur-Chor leitete. Wer sich in der Musikszene der damaligen Zeit auskennt, weiß, dass dies viel bedeutete. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts war es für afroamerikanische Profimusiker schwer, in den USA in klassischen Orchestern Fuß zu fassen, wie es die Lebensläufe von Nina Simone (Klavier) und Ron Carter (Kontrabass) zeigen.
Auch für Elmer Spyglass blieben weitere Erfolge in den USA leider aus, und so fuhr er mit der für die damalige Zeit enormen Summe von 400 USD, die ihm Freunde und Förderer geschenkt hatten, per Schiff nach Großbritannien. Aber auch dort stellte sich der ersehnte Erfolg leider nicht ein, so dass der junge Tenor-Bariton, dem die finanziellen Mittel ausgingen, schließlich in Cafés und Kabaretts auftrat, um zu überleben. Eine Karriere im klassischen Fach blieb Elmer Spyglass auch in Europa verwehrt. Von nun an widmete er sich der sogenannten „Leichten Muse“ und hatte damit Erfolg. Sein Weg führte weiter in die Niederlande, wo er bis nach dem Ende des Ersten Weltkriegs seinen Wohnsitz hatte, und schließlich 1925 nach Deutschland. Hier trat er unter anderem mit Otto Reutter, Liesl Karlstadt und Karl Valentin auf. Sesshaft wurde er in Frankfurt am Main.
1930 beendete Elmer Spyglass seine Karriere. 1944 in Frankfurt-Sachsenhausen ausgebombt, kam Spyglass schließlich nach Schwalbach am Taunus, wo er ein überaus beliebter und angesehener Bürger wurde. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs vermittelte Spyglass zwischen dem US-amerikanischen Militär und den Bürgern Schwalbachs, für die er sich auch weiter sehr bei der US-amerikanischen Militärregierung einsetzte. Es wird berichtet, dass er zeitweise über 200 Schüler (sowohl Kinder als auch Erwachsene) in der englischen Sprache unterrichtete. Später arbeitete Spyglass dann in Frankfurt am Main im US-Konsulat als Empfangschef. Er sprach mehrere Sprachen und war ein weltgewandter Mann mit außerordentlich großer Lebenserfahrung.
Noch zu seinen Lebzeiten wurde Spyglass 1954 zum Schwalbacher Ehrenbürger ernannt. Er lebte hier gegenüber, im Steinweg 7, und verstarb 1957 in Schwalbach. James Elmer Spyglass war ein bemerkenswerter Mensch mit einer außergewöhnlichen Lebensgeschichte. Geboren kurz nach dem Ende der Sezession in den USA, erlebte er die Erfindung der Glühbirne, des Automobils, des Kinofilms, des Radios, des Flugzeugs, des Fernsehens, des Computers, der Raumfahrt und vieler Dinge mehr. Er bereiste Europa zu einer Zeit, als dies in der Regel noch wenigen Menschen vorbehalten war. Er lernte mehrere Sprachen, musste sich beruflich neu erfinden, zwei Weltkriege sowie persönliche Höhen und Tiefen durchleben, und hatte schließlich noch eine unerwartete Karriere als Empfangschef des US-Konsulats in Frankfurt am Main. Es ist schön, dass Mr. Spyglass' Weg auch nach Schwalbach führte und er viele Jahre ein geschätztes Mitglied unserer Gemeinde war.
Die Fotos zeigen James Elmer Spyglass zu verschiedenen Zeiten seines Lebens.